Sep 23
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Am vergangenen Wochenende startete die zweiten Bundesliga in die neue Saison. Unsere Mannschaft ist objektiv ein weiteres Mal als Abstiegskandidat anzusehen. Im Kampf um den Klassenerhalt rechnen wir am ehesten damit, dass gegen Magdeburg, Neuberg oder vielleicht wie in der Vergangenheit gegen Garching die Entscheidung fallen wird. Aber natürlich gibt es dafür zu Saisonbeginn keine Garantie, und vielleicht läuft das Spieljahr für einige der genannten Teams völlig anders als erwartet.
Wie schon in den Vorjahren werden in der Oststaffel fünf Doppelrunden gespielt, wobei für jede Mannschaft eins der Wochenenden auf eine Einzelrunde gegen den jeweiligen Reisepartner reduziert wird. Unser Reisepartner ist Aufbau Elbe Magdeburg; das halte ich insofern für ungünstig aus unserer Sicht, als in den Doppelrunden die jeweiligen beiden Gegnermannschaften auf zwei leichter schlagbare Mannschaften treffen und daher vielleicht eine stärkere Aufstellung wählen, um vier Mannschaftspunkte sicherzustellen. Das ist aber ebenfalls Spekulation.
Für uns ging es zuerst gegen Forchheim, den Gastgeber an diesem Wochenende, und danach gegen den Aufsteiger aus Göggingen. In beiden Kämpfen waren wir die Außenseiter (AEM ebenso). Erschwerend kamen Aufstellungsprobleme unsererseits hinzu; nur die Hälfte des gemeldeten Stammachters kam zum Einsatz. Joachim, Wilfrid und Paul fielen aus, dafür verstärkten hinten Matthias, Manfred Böhnisch, Thomas Schunk und Thomas Gempe die Mannschaft.
Das Samstagsmatch begann denkbar schlecht. Stephan kam mit deprimierendem Materialverhältnis (Turm gegen Läuferpaar) aus einem taktischen Geplänkel heraus und ließ sich im Endspiel kurz danach den Turm mitten auf dem Brett wegfangen. Der Berichterstatter erlaubte sich eine grobe positionelle Fehleinschätzung, die zu einem starken Freibauern des Gegners führte, und versuchte dann noch zwei Stunden lang vergeblich, den Laden zusammenzuhalten. Von Matthias habe ich nicht viel mitbekommen, außer dass er (Analysezitat) „mal gut stand“, dann eine Qualität weniger hatte und irgendwann verloren hatte. Somit stand es recht zeitig 0:3.
Die eindrucksvollste Partie zu unseren Gunsten spielte Hannes gegen GM Vlastimil Jansa. Im Kampf Eröffnungstheorie gegen Erfahrung setzte sich die Vorbereitung unseres zweiten Brettes klar durch. Aus einer wilden Französisch-Variante heraus wurde in ein Mittelspiel mit überraschenderweise gleichem Material abgewickelt, doch der gegnerische König verblieb in der Brettmitte, und Hannes hatte eine starke Initiative, die sich in einen Figurengewinn umsetzen ließ. Mit der Mehrfigur dauerte die Verwertung zwar erstaunlich lange, doch am Ende wurde der Punkt sicher eingefahren.
Die restlichen Partien standen lange auf der Kippe. Am dritten Brett verwaltete Leo nach undurchsichtiger Eröffnung ein schlechteres Doppelturmendspiel mit ungleichfarbigen Läufern. Manfred hatte eine Qualität gegeben und hoffte dafür, aus seiner überlegenen (und insbesondere umfangreicheren) Bauernstruktur Kapital schlagen zu können. Schunki spielte über weite Strecken eine sehr unauffällige Partie. Thomas – der andere – hatte extrem langsam gespielt, weil er eine schwierige Eröffnungsphase überstehen musste, und landete in Zeitnot in einem dynamischen Mittelspiel, das sich nicht klar abschätzen ließ.
Leider verlor Leo als nächstes. Bei ihm waren die Bauern Stück für Stück abhanden gekommen, so dass sein Endspiel letztendlich wohl nicht mehr zu halten war. Damit war der erste Mannschaftspunkt bereits abgeschrieben (der Zwischenstand lautete 1:4), und auch wenn wir zwischenzeitlich an allen restlichen Brettern aussichtsreich standen, waren die Chancen auf drei volle Punkte objektiv sehr gering.
Manfred verwertete seinen Strukturvorteil zum Sieg und verkürzte somit zum 2:4. Gleichzeitig sah sich Thomas Gempe am letzten Brett bei eigentlich starkem Druckspiel infolge einer plötzlichen Gegendrohung genötigt, die Damen zu tauschen und in ein Turmendspiel mit symmetrischer Bauernformation und nur leichtem Stellungsvorteil infolge von Aktivität abzuwickeln. Dort versuchte er noch einiges, musste nach erfolgtem Turmtausch aber schließlich erkennen, dass sein Bauernendspiel nicht zu gewinnen war.
Den größten Kampfgeist demonstrierte „El Presidente“. Bei einem Materialverhältnis, bei dem die meisten Spieler bereits rot werden, wenn sie nur an die Ablehnung eines Remisangebots denken, spielte unser siebtes Brett auf Sieg:
Schunki führte die weißen Steine und hatte den Gegner durch sein Bauernschach gerade vor eine Entscheidung gestellt. Das Schlagen auf f5 würde per Springergabel den schwarzen Läufer kosten. Nun ist es so, dass das entstehende Endspiel remis zu halten ist, weil Weiß seinen letzten Bauern einfach nicht dauerhaft vor dem feindlichen König schützen kann, aber der Gegner glaubte den Bluff und wich zurück.
Dummerweise gab es danach, als sich der Gegner bis auf die Grundreihe zurückdrängen ließ, auch bloß keinen Sieg. Der Computer bestätigte im nachhinein vielmehr, dass Schwarz erstaunlich viele Wege zum Remis hat – zum Beispiel gibt es diverse Abspiele, in denen es sich Schwarz sogar leisten kann, den h-Bauern zu geben. Schunki unternahm Gewinnversuche, bis nur noch die nackten Könige übrig waren. Sein Einsatz und Kampfgeist waren jedenfalls absolut ehrenwert, dennoch stand am Ende das Remis, und damit die 3:5-Mannschaftsniederlage.
Im Sonntagsmatch standen rein zahlenmäßig die Aussichten für uns nicht viel besser. Göggingen setzte acht Ausländer (die Stammaufstellung) gegen uns ein – vielleicht gibt es hier ja die Hoffnung auf einen Durchmarsch in die erste Liga? Insofern waren unsere Hoffnungen auf einen Mannschaftssieg überschaubar, trotzdem wurde es am Ende knapper als am Vortag.
Unser Kapitän tat das, was er zur Zeit anscheinend am besten kann: Er schlug einen Turm und versuchte dann, möglichst viele Leichtfiguren über die Ziellinie zu retten. In diesem Fall gelang es ihm tatsächlich, einen Qualität zu bewahren, und er konnte auch alle feindlichen Mattideen abwehren. Allerdings wurde seine Königsstellung dabei so stark geschwächt, dass der Gegner am Schluss zu einem Dauerschach kam.
Sehr früh brachte Thomas ganz hinten die SGL in Führung. Mit einem eleganten vorübergehenden Opfer in der Eröffnung holte er eine vorteilhafte Stellung und überspielte dann seinen Gegner zielstrebig; bereits nach reichlich zwanzig Zügen oder so wurde der volle Punknt notiert. Respekt an ihn für eine ganz starke Leistung an diesem Wochenende!
Hannes spielte neben mir remis. Er hatte einen Wolga-Mehrbauern, doch im Laufe des Mittelspiels wurde die Lage etwas kritischer, als sein Gegner sich plötzlich einen Freibauern zulegte, der mir in ähnlicher Form am Vortag zum Verhängnis geworden war. Sein halber Punkt geht daher voll in Ordnung. Meinereiner erwischte wieder mal ein schwarzes Wochenende; ich brachte am Sonntag ein gewagtes doppeltes Bauernopfer, doch die Kompensation war alles andere als klar, und nach ein paar ungenauen Zügen stand ich mit dem Rücken zur Wand. Irgendwann konnte ich mich gegen die Abwicklung in ein verlorenes Endspiel nicht mehr wehren und musste kurz nach der Zeitkontrolle die Hand herüberreichen. Damit stand es 2:2.
Leo stibitzte in der Eröffnung eine Figur, was zur Folge hatte, dass sein König zwischenzeitlich etwas ungeschützt in der Landschaft herumstand. In welcher Weise beide Spieler im weiteren Partieverlauf hätten besser agieren können, weiß ich nicht; als nächstes nahm ich jedenfalls wahr, dass er mit zwei Türmen und einem Springer gegen die Dame spielte. Genau wie bei Rauschi hatte bedauerlicherweise die Königsstellung mittlerweile stark gelitten, und am Ende kam er über ein Remis nicht hinaus.
Manfred stand mit Weiß lange gut; er verfügte über Raumvorteil und eine solide Initiative gegen einen recht passiv vorgetragenen schwarzen Igel. Wie sich in der nachträglichen Analyse zeigte, ließ er an einer Stelle eine sehr starke Angriffsmöglichkeit aus. Stattdessen machte er einen zurückhaltenden Zug, gestattete sich ein paar Schwächen und ließ den Gegner ins Spiel kommen. Nach der vierten Stunde war seine Initiative dahin, seine Bauern in der Unterzahl und der Sieg des Gegners nur noch eine Frage der Zeit.
Wir lagen also 2,5:3,5 hinten, und es spielten noch Matthias und Schunki. Der erstere stand erst gut, dann nach einem verfehlten Springerzug schlecht und geriet im Mittelspiel in ein wildes Gemetzel. Dessen Ausgang war nicht absehbar; der Gegner ließ Chancen aus, aber auch Matthias verpasste genau im 40. Zug die Gelegenheit auf deutlichen Vorteil. Heraus kam schließlich ein Turmendspiel mit Minusbauern, welches unser fünftes Brett zumindest remis hielt.
Schunki musste erneut auf Sieg spielen, und dafür war es sicher eine ungünstige Sache, dass er keinen Vorteil besaß. Vielmehr wurde besorgt festgestellt, dass er irgendwann zwei Bauern weniger hatte und seine Gewinnchancen primär auf theoretischen Schwindelchancen basierten. Nachdem er auch noch einen Trick übersah, der dem Gegner bei ohnehin bereits stark reduziertem Material den Damentausch gestattete, hatten wir kaum noch Hoffnung auf einen halben, geschweige denn vollen Punkt.
El Presidente bewies aber ein weiteres Mal beeindruckenden Kampfgeist und rettete immerhin ein Remis. Der Mannschaftskampf ging damit knapp 3,5:4,5 verloren, nichtsdestoweniger kann man zumindest diagnostizieren, dass die Moral gestimmt hatte. Mit 0:4 Mannschaftspunkten traten wir die Heimreise an. Damit liegen wir überraschenderweise auf Platz 7, doch die Tabelle trügt ein wenig: Neuberg und Magdeburg (welche erst deutlich den Göggingern und dann knapp den Forchheimern unterlagen) stehen aufgrund der erzielten Brettpunkte knapp hinter uns, die Bindlacher haben schlicht und einfach einen Kampf weniger absolviert. Im Dezember geht es für uns weiter, dann müssen wir gegen Aue und Bindlach ran.