Apr 09

Am Wochenende (23./24. März) durften Roland, Hendrik, Andreas und ich unsere Farben im Deutschen Pokal in Hoyerswerda, genauer gesagt Schwarzkollm, vertreten. Diese fantastischen Vier erreichten am davorliegenden Punktspielwochenende genau beeindruckende Null Punkte. Da Roland regelmäßig Berichte von der ersten Mannschaft beisteuert, fühle ich mich nun mal gemüßigt, über diese Veranstaltung zu berichten.

Die Ausgangslage war gar nicht so schlecht, da die Schachfreunde Berlin nicht mit der stärksten möglichen Truppe antraten und Hoyerswerda auch zu Recht ihren Sachsenpokalhelden (also ohne ihre tschechischen Verstärkungen) vertraute. Aufbau Elbe Magdeburg hingegen kam mit einer sehr schlagkräftigen Truppe. Die genauen Aufstellungen und Ergebnisse kam man den diversen Links in vorangegangen Artikeln entnehmen, ich möchte gerne einige Hintergründe beleuchten.

Am Samstag waren wir mit dem rührigen Gastgeber gepaart.
Die Spielstätte war wieder das traditionelle Frentzel-Haus, welches sich der Pflege des sorbischen Kulturgutes verpflichtet fühlt. Da diesen Artikel hoffentlich nicht nur Mitglieder der ersten drei Mannschaften lesen, möchte ich noch kurz auf Schwarzkollm zu sprechen kommen. Überregionale Berühmtheit erreichte die Gemeinde mit der Errichtung und Vermarktung der Krabat-Mühle (nach dem gleichnamigen Kinderbuch des kürzlich verstorbenen Ottfried Preußler, auch verfilmt mit David Kross [in der Rolle des Titelhelden] und Daniel Brühl.)

Ein paar Impressionen dazu mögen das belegen:

dpmm01

dpmm02

dpmm03
Brautführer heißt Swat auf Sorbisch.
dpmm04
Könnte mal den Schnee wegzaubern, der Krabat.

Für die Organisation waren die Schachfreunde Rüdiger Schuh und Jan Kregelin zuständig. Da wir per Bahn (incl. SEV) angereist waren und die einzige örtliche sinnvoll verfügbare Gaststätte gerade noch Betriebsferien machte, sahen wir ein potentielles Abendessen in weite Ferne schwinden. Glücklicherweise nahm Rüdiger Kontakt mit uns und der Pension auf und organisierte aus Hoyerswerda ein paar Schnitzel. Zum Leidwesen der Pensions­wirtin zwar nur als Fertigprodukt, welche sie aber noch mit Bratkartoffeln und Beilagen veredelte. Uns war es egal und wir ließen es uns schmecken. (Laut eigener Aussage war das Hendriks erstes Schnitzel.) Beiden Beteiligten also recht herzlichen Dank für ihr Engagement!
Die Pension verdient es also auch benannt zu werden: www.zimmervermietung-lausitz.de – Fam. Retschke.

dpmm05
SF Schuh eröffnet die Spiele.
dpmm06
Roland in froher Erwartung.
(Ihr sollt auf das Brett gucken!)
dpmm04

dpmm05

dpmm09
für die wenigen ohne großes Latinum: Durch das Rauhe zu den Sternen.
oder sinngemäß sinnvoller: Ohne Fleiß kein Preis.
ASP steht übrigens für „Aktivist Schwarze Pumpe“

Zum etwas sportlicheren Teil:

Roland an eins (Schwarz) wählte einen eigenen, dynamischen Königsindisch-Aufbau und erreichte ein positionell sehr schönes Endspiel T+S+3B gegen T+L+3 B mit einem „ewigen“ Springer auf e5. Dies verdichtete er dann auf sehr instruktive Weise zum Gewinn. Schöne Partie.

Hendrik an zwei (Weiß) ergriff nach verhaltenem Beginn die Offensive und erstickte jegliches Gegenspiel im Keim. Gegen den in guter Form befindlichen SF Kesik eine starke Leistung.

Andreas an drei (ebenfalls Weiß) überschritt trotz diametraler Bauernverhältnisse 5 gegen 4 und 1 gegen 2 und trotz gegnerischen Läuferpaares gegen Springer/Läufer die Remisbreite wohl nie. Zumindest, wenn man nicht Carlsen heißt, noch mehr, wenn nicht Magnus mit Vornamen. Unsere Spitzen hatten ja eh schon gestochen.

Ich habe auch mitgespielt. In einer Grünfeld-Indischen Hauptvariante wähnte ich mich ausgangs der Eröffnung im Vorteil, nur um dann auf den harten Boden der Tatsachen mit einer Ruinenstellung zurückgeführt zu werden. Mit knapper werdender gegnerischer Bedenkzeit erwies sich die Realisierung als nicht ganz simpel, so dass ein geschickt getimtes Remisgebot mich vor größerem Übel bewahrte. Zum Glück, siehe letzte Anmerkung Andreas.

Im gleichzeitig ausgetragenen Kampf Magdeburg – Berlin hatte SF Degtiarev beim Stand von 2-1 die Möglichkeit, ein Dauerschach zu erzwingen. Stattdessen gewann er völlig schmerzfrei nach einigem Kampf. Seine Mannschaftskameraden nahmen das gelassen zur Kenntnis.

Am Sonntagmorgen wurde neu ausgelost und wir hatten uns unsere Farben zurechtgelegt.

An eins nunmehr Hendrik mit Weiß gegen „Effi“. Letzterer wählte taktisch geschickt das Gubnitzky-Pytel-System, welches irgendwie in kein richtiges Schema zu ordnen ist. (Schwarz stellt im Skandinavisch seine Dame frühzeitig auf das diffuse Feld d6.)
Ab jetzt ist es halt leider nur noch Schach. Trotz oder wohl auch wegen frühzeitigem weißen Bauerngewinns auf a7 (mit Schach) nach schwarzer langer Rochade * konnte die schwarze Initiative nicht im Zaume gehalten werden. Hendriks König fand in der Mitte bzw. f1 einfach keinen Ruheplatz und die Partie leider ihr nunmehr logisches Ende – 0:1.

*für die Krabbelgruppe: Welche weiße Figur hat da auf a7 genommen?

Roland an zwei hatte eine sehr solide Damengambitvariante gewählt, die aber optisch dem Weißen etwas versprach. Relativ zügig entstand ein Doppelturmendspiel + ungleichfarbige Läufer. Nach einigen Wirrungen nahm die Partie ihr wohl logisches Ende – Remis.

Andreas mit Schwarz an drei gegen Maria Schöne war eine Wiederholung der Oberliga-Partie wenige Wochen zuvor. Wahrscheinlich liegt die Variante Andreas sehr gut, er kam in einem Mc-Cutcheon-System wieder gut aus der Eröffnung und übernahm schnell die Initiative. Sein Mattangriff war schließlich ein Tempo schneller. Ein schöner und wichtiger Sieg!

Mir war zumindest im Vorfeld klar, dass Andreas und mir eine wichtigere Rolle als am Samstag zukommen würde. Mental war ich also vorbereitet. In einer positionell angelegten Partie konnte ich mit einigem Glück. (SF Windelband konnte nach meinem Dafürhalten einmal relativ klar ausgleichen) meine Figuren immer mehr ins gegnerische Territorium einfluten lassen, bis das zu entscheidendem Materialgewinn führte.

Finale – oho !

Insgesamt ein schöner Erfolg und Balsam für unsere in letzter Zeit etwas geschundene Schachseele. Hoffen wir, dass wir ein wenig Ansporn und Euphorie in die letzten Punktspielrunden mitnehmen können. Leider hängt das Ergebnis ja nicht mehr nur von uns ab.
Das Pokalfinale sieht mit dem Meister OSC Baden, der SG Porz und den SF Kreuzberg übermächtige Gegner vor uns liegen. Der Ort des Geschehens steht noch nicht fest. Ich glaube, dass es überall für uns ein beeindruckendes Ereignis wird, trotz der zu erwartenden geringen Punktausbeute. Vielleicht kommt ja der ein oder andere Schachkiebitz als Schlachtenbummler mit.

Kommen wir zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens. 😉
In den freien Momenten dieses Wochenendes, von denen es z.B. durch die Zugfahrt einige gab, schlossen sich Andreas und ich zwar gerne, aber ohne Aussicht auf Erfolg, dem Doppelkopfhype an. Am Ende hatte ich die meisten Punkte… Wenn man weiß, dass beim Doppelkopf plus und minus angeschrieben wird und unter den genannten Vorzeichen, kennt man auch meins. Roland siegte knapp vor Hendrik. Andreas überlegt noch, mit wem er da bei dem komischen Re zusammengespielt hat, obwohl doch gar keiner außer Einem eine Alte hatte, und ich überlege, ob man wirklich fast immer Re sagen muss. Ich wollte nur spielen…
Zum Schluss noch einmal vielen Dank allen Beteiligten für das angenehme Wochenende.


3 Antworten auf “Happy End in Hoyerswerda”

  1. 1. Reyk schrieb:

    Sehr lesenswerter Bericht – besten Dank!

    Und Krabat war mir neu, obwohl ich auch schon in Schwarzkollm gespielt habe. Der Bericht macht Lust auf Buch und Film.

    Schade, dass AEM ohne Tatjana da war. Sie isst Schnitzel am liebsten und hätte Hoffi sicher angemessen zur Premiere gratuliert.

  2. 2. André schrieb:

    Hallo Thomas,
    danke für den tollen Bericht und Glückwunsch noch einmal zur klasse Leistung! 🙂
    Gegen Roland und Hendrik im DoKo zu verlieren ist glaub ich keine Schande, eine Tennis-Niederlage gegen Roger Federer würde ja auch niemanden vom Hocker reißen… 😉

  3. 3. Roland schrieb:

    Hallo,
    auch aus meiner Sicht eine sehr gelungene Schilderung, sowohl von den Ereignissen als auch von der Atmosphäre allgemein.
    Kleiner Nachtrag: Thomas hat zu meinen Gunsten übergangen, dass ich das Endspiel am Sonntag beinahe verdödelt hätte. Ob die Eröffnung nur optisch oder auch objektiv vorteilhaft für Weiß ist, vermag ich immer noch nicht sicher zu sagen. Das Doppelturm-Läufer-Endspiel hätte ich jedenfalls fast überzogen – ging zum Glück nochmal gut.

Kommentieren Sie den Beitrag!