Feb 06

Gestern hatte unsere vierte Mannschaft in der Sachsenliga einen kleinen Showdown in Bannewitz. Wir waren vor dem Spiel auf dem letzten Platz und eine Niederlage hätte uns selbstverständlich dort belassen. Um dieser Tatsache zu entkommen, gingen wir es diesmal höchstprofessionell an, mit gemeinsamer Vorbereitung mit Gummibärchen und Co. 🙂 Nach langer Fahrt und noch längerem Schachspiel stand es am Sonntag 15.30 Uhr 4-4, ein Ergebnis das weder Fisch noch Fleisch ist, die rote Laterne aber erst einmal an Großröhrsdorf weitergeschoben hat. Hier ein paar Details, wie es dazu kam:

1: Sandra Ulms – Rainer Rösemann: Remis –> Rainer ist natürlich bärenstark, sodass Sandras Hauptmaxime im Festhalten des Remis‘ bestand. Insgeheim hofften wir sogar auf mehr, spielte Rainer doch erst kürzlich ein für seine Spielstärke eher durchwachsenes Turnier in Marienbad. Es kam dann auch die Chance, leider übersah Sandra jedoch eine taktische Kombo aus gewieften Schachs und einer Fesselung, welches ihr einen Figurengewinn beschert hätte. Aber natürlich war es auch ohne das eine tolle Leistung.

2: Andreas Otto – Peter Simon: Remis –> Andreas‘ Stellung war glaub ich immer im Gleichgewicht.

3: Michael Limpert – Alexander Rosenfeld: Remis –> Micha hat mir gestern heftigste Adrenalinschübe beschert. Die erste Zeitkontrolle hab ich zum Glück noch nicht mitbekommen, laut Andreas war auch die schon abenteuerlich. Ich hab dann aber die zweite gesehen… Micha ließ seine Zeit bis auf ungefähr 2 min runterlaufen, um dann höchst präzise ein kompliziertes Endspiel Remis zu halten. Hervorragend gemacht! Er hatte immer alles im Griff, jedoch ein bisschen vertrant, dass es ja keine Zeitgutschrift pro Zug gibt. Nicht gut für den kiebitzenden ML, aber sicher gedeichselt. Da kam wohl die Gewohnheit aus der Oberliga durch…

4: Hermann Sonntag – Thomas Porschberg: Remis –> Hermi war für mich lange ein Sorgenkandidat. Er hatte mit schwarz Französisch mit weißer Bauerstruktur e5, d4 und einem weißem Springer auf d6 auf dem Brett. Ein solcher Springer ist bekanntlich unangenehmer als ein verrosteter Nagel in der Kniescheibe, jedoch schien Hermi anderer Meinung zu sein. Mir fiel auf jeden Fall ein Stein vom Herzen, als ich vom Remis hörte.

5: Franziska Beltz – Marco Schaarschmidt: 1-0 –> Franzi, unsere Matchwinnerin! Ihr Gegner bot mehrmals Remis und Franzi lehnte immer wieder wie ein Löwe ab. Es entstand ein Turmendspiel mit 3 gegen 2 Bauern, welches lange Remis war. Jedoch wurde die Zeit auf beiden Seiten knapper, Marco verpasste einen entscheidenden Bauerntausch, der sofort zum Remis geführt hätte, und verzockte das Ding. Einmal den Duft des Sieges geschnuppert ließ sich Franzi die berühmte Butter nicht mehr vom Brot nehmen und gewann sicher. Viel Kopfzerbrechen machten die beiden mir trotzdem: Die Partie endete ungefähr 15.30 Uhr, obwohl wir nur mit kurzer Verspätung angefangen haben, an allen anderen Brettern die Zeit schon rum war und wir mit Digitaluhren spielten. Das Mysterium ist mittlerweile gelöst, trotzdem könnt ihr gern Ideen als Kommentar posten. Nur so viel: die Uhr funktionierte ordnungsgemäß. Wer es rausbekommt, bekommt eine Gratulation! 🙂

6: Robert Kreyßig – Ray Schiefner: 0-1 –> Robert war gestern unser Unglücksrabe. Er stand meist ein wenig gedrückt, die Partie kippte jedoch, wenn ich es richtig gesehen hab, erst in der Zeitnotphase. Schade, das nächste Mal wird es wieder besser!

7: Till Beyer – Peter Jeute: Remis –> Till hätte fast den 4,5ten Punkt gemacht. Beim Stand von 2,5 – 3,5 spielten noch er und Franzi, beide mit guten Stellungen. Till hatte ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern und einem Mehrbauern auf dem Brett. Eigentlich schien es zwar Remis, aber auf der anderen Seite sah es auch so aus, als ob Till wirklich Fortschritte erzielen würde. Außerdem trieb er seinen Gegner noch in die Zeitnot, sodass es wirklich hoffnungsvoll aussah. Hermi kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und faselte wie glückstrunken nur von „Magic Till“, alles schien perfekt. Leider bekam der Gegner dann doch noch eine Festung zusammen, um Tills verbundene Freibauern zu blockieren, sodass wir unsere Hoffnungen begraben mussten. Schade…

8: André Dorsch – Klaus Pohl: Remis –> Mein Gegner und ich wurden heute dem achten Brett wieder einmal gerecht. Erst verpasst mein Gegner eine Möglichkeit für starkes Spiel, dann find ich nicht den richtigen Plan im Königsangriff und verpasse so einen Vorteil von 2,5 Bauerneinheiten, anschließend kommt mein Gegner mit Mehrqualle und starkem Freibauern ins eigentlich locker gewonnene Endspiel, verzockt jedoch seinen Trumpf und schlussendlich endet die Partie gerecht Remis. Ein Trauerspiel in drei Akten, gewürzt mit einem außerordentlichen Maß an verschwenderischer Zeiteinteilung…

Durch diesen unseren ersten Mannschaftspunkt seit sechs Runden konnten wir Großröhrsdorf wieder überflügeln und uns auf den vorletzten Platz hochhieven. In der nächsten Runde am 4.3. kommt es zum absoluten Megashowdown, zum direkten Aufeinandertreffen der beiden Kellerkinder. Der Verlierer ist praktisch abgestiegen, der Gewinner vielleicht noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Hängt davon ab, ob eine sächsische Mannschaft aus der Oberliga absteigt oder nicht. Im Moment sieht es gut aus…


9 Antworten auf “Krimi in Bannewitz”

  1. 1. Hermann schrieb:

    Bah, von wegen „Sorgenkandidat“!
    Die Variante ist völlig normale Theorie, und der Springer steht dort weder besonders gut noch besonders lange. Ich wette, dass meinem Gegner die Stellung die ganze Partie über weitaus unangenehmer war als mir! 🙂

    Und ich „fasele“ nicht. Niemals. Nicht mal vor Entzückung über Tills virtuose Endspiel­behandlung! Ich stelle einfach nur fest. 😉

  2. 2. Till schrieb:

    Hab mir das Endspiel nochmal angeschaut und es ist schon fast traurig wie deutlich das ungleichfarbige Läuferendspiel gewonnen ist… unfassbar.
    Allerdings an einer Stelle wo ich es überhaupt nicht realisiert habe. Am Freitag mehr dazu…

  3. 3. Thomas Porschberg schrieb:

    Leipziger Volksgenossen,

    ich bin der mit dem rostigen Nagel…
    Das 4:4 ging letztlich in Ordnung. Kritisieren muss ich den zu geringen Bockwurstverzehr von euch.

  4. 4. Michael schrieb:

    Ich hatte keine Zeit zum Essen! 😉
    Tendenziell ist der Punkt wohl eher für Bannewitz glücklich, denn bei Sandra, Till, André und auch Robert war ja durchaus mehr drin.

    Und André, auch Hermann stand gut, der Nagelspringer nützt eigentlich auf d6 nur, wenn er Schach geben kann. Ich denke, man muss „konsequent französich“ (f6) spielen und Schwarz ist froh den Springer für den schlechten Läufer tauschen zu dürfen!

  5. 5. Hermann schrieb:

    Hah, Micha, ich habs schon immer gewusst: Im Grunde, ganz tief in deinem Herzen, bist du doch ein Französisch-Versteher! 🙂

    Zumal du Recht hattest: das prosaische Sbc6 wäre vermutlich schlicht besser gewesen als der umständlichere Plan mit Db6 und Sd7.

  6. 6. Peter Jeute schrieb:

    nach …Ke5-d6 war das ungleichfarbige Läuferendspiel tatsächlich für Weiß gewonnen. Allerdings hält stattdessen ….Lb8-c7 alles zusammen.
    Ich hatte Angst vor vor der Folge b6 mit gelegentlichem Opfer auf c6.

  7. 7. Georg Heinze schrieb:

    … und wie war das nun mit der Uhr?
    Nach der Schilderung hier kann doch nur ein falscher Modi eingestellt gewesen sein?

  8. 8. Till schrieb:

    Die Uhr wurde angehalten da während der Zeitkontrolle beide Spieler keine Zeit hatten um ihre Züge zu notieren mussten sie sich danach etwas Zeit nehmen um die Zugfolge zu rekonstruieren.

  9. 9. André schrieb:

    Ein sehr schön geschriebener Spielbericht ist auch auf der Bannewitzer Seite zu finden:
    http://www.randspringer.de/as/pe/1.html
    Da beginnt der Nervenkitzel gleich noch mal von vorn… 😉

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