Sep 17

„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben…“

Dieser Spruch bewahrheitete sich am Samstag, den 15.09.2012, im wahrsten Sinne des Wortes. Eigentlich wollte ich ja kosten­günstig mit dem Wochenendticket der DB nach Hamburg reisen. Doch schon die Suche nach möglichen Zugverbindungen offenbarte neben dem erforderlichen Aufstehen mitten in der Nacht ein weiteres Problem. Genau diesen Termin hatte sich die Deutsche Bahn nämlich ausgesucht, um den City­tunnel an den Leipziger Haupt­bahn­hof anzubinden. Das hieß im Klartext: kein Zug fährt in den Hauptbahnhof ein und keiner fährt dort ab. Warum auch nicht? Es war ja Wochenende und die Ferien in Sachsen auch schon zu Ende, also kaum mit Reisenden zu rechnen…

Wie auch immer – wollte ich mit dem Zug fahren, kam ich um den SEV gleich zu Beginn nicht herum. Das Chaos war dann auch – wie erwartet – perfekt, hieß es doch: „Abfahrtsort ist der Bus­bahn­hof Ost­seite“ (wer schon einmal mit dem Bus vom Haupt­bahn­hof gefahren ist, weiß, das ALLE Busse auf der Ost­seite fahren^^), keiner wusste irgendwas und ein Bus reihte sich an den nächsten… Immerhin betrat ich den richtigen Bus (wer lesen kann, ist klar im Vorteil!) und auch den richtigen Zug (das war auch nicht so einfach, standen da doch plötzlich zwei Inter­connex auf benachbarten Gleisen, ganz davon abgesehen, dass der Bahn­hof Messe­ge­lände tatsächlich mehr als nur zwei Gleise hat – aber zum Glück gibt’s ja den Herdentrieb), der Rest der Reise war hingegen ein Klacks…

Man merkt schon, die Hinfahrt nach Hamburg beschäftigte mich so heftig, dass das Turnier zunächst in den Hintergrund trat. Doch um nichts in der Welt hätte ich dieses Ereignis missen wollen! Zugegeben, sobald ich gelesen hatte, wer die Deutsche Blitzeinzelmeisterschaft der Frauen ausrichtet, wollte ich auf jeden Fall dabei sein! War ich mir doch sicher, dass diese DBEM toll werden würde. Nicht nur, das ich den HSK und Christian Zickelbein im Besonderen sehr schätze und mag, nein, Hamburg ist auch so ziemlich die einzige Stadt außer Leipzig, in der ich mir vorstellen könnte, länger zu leben und das, obwohl mir Städte mit mehr als einer Million Einwohner eigentlich eher Angst machen…

So, genug geschwafelt! Ich wollte doch eigentlich über das Turnier berichten. Schon die vorläufige Meldeliste offenbarte eine (qualitativ wie auch quantitativ) sehr gut besetzte Meisterschaft mit 24 Spielerinnen. Neben mir nahmen auch noch Judith Fuchs (jetzt für den HSK spielend) und Martina Beltz aus unserem Verein teil. Gezockt wurde im tollen HSK-Vereinsheim doppelrundig jede gegen jede. Wer dieses Vereinsheim kennt, weiß, dass man dort Top-Spielbedingungen vorfindet. Viel Platz, noch mehr Tageslicht, und eine liebevolle Verpflegung machen diese Spielstätte immer wieder zu etwas Besonderem.

Während Judith die Favoritenrolle trug, konnten Martina und ich das Ganze recht entspannt angehen, waren wir doch an sieben bzw. vier gesetzt. Der erste Durchgang am Sonnabend verlief dann eigentlich auch nicht besonders spannend. Ich startete mit 3 aus 6 und dachte schon: „ach herrje…“ und eine „egal, Hauptsache ich hab Spaß“-Stimmung machte sich breit… und plötzlich lief es. Ich konnte machen, was ich wollte – selbst Stellungen, die eigentlich breit waren, konnte ich noch drehen und gab nur gegen Britta Leib und Dorothee Schulze weitere 1,5 Punkte ab. Judith gab sich hingegen keine Blöße und führte nach 23 Partien mit 1,5 Punkten Vorsprung verdient vor mir und Vera Jürgens. Na gut, damit konnte ich leben! 😉

Direkt im Anschluss an die anstrengende Hinrunde wurde gegrillt und gemütlich beisammen gesessen. Parallel dazu konnte man Judith beim Finale der Deutschen Internetmeisterschaft über die Schulter schauen. Viel Glück hab ich ihr wohl nicht gebracht, aber dafür lag sie ja bei der DBEM vorn… Noch vor 22 Uhr brachen wir ins benachbarte Hotel auf und der Tag endete mit quatschen, TV schauen und ein wenig im Netz spielen. Am nächsten Morgen genossen wir ein entspanntes Frühstück bei strahlendem Sonnenschein, bevor 9.30 Uhr die Rückrunde begann.

Meine Ziele waren klar: nicht wieder mit 3 aus 6 starten, Vera immer schön auf Distanz halten und dann einfach mal schauen, ob Judith noch Luft ranlässt. Ersteres gelang, Zweiteres leider nicht ganz. Irgendwann lagen Judith, Vera und ich plötzlich punktgleich mit 32,5 Punkten gemeinsam an der Spitze. Danach kam eine beruhigende kleine Lücke und so wurde immer deutlicher, dass der Titel unter uns Dreien ausgemacht werden würde. Die Spannung wuchs, doch eine Doppelnull in den folgenden beiden Runden nahm mich aus der Gleichung. Da auch Judith noch weitere Federn lies, holte sich Vera mit einem halben Zähler Vorsprung den Titel vor Judith. Herzlichen Glückwunsch! Einen weiteren halben Punkt dahinter sicherte ich mir die Bronzemedaille. Martina erreichte mit 23,5 Punkten Platz 15. Die Ergebnisse und weiteren Platzierungen sind auf der HSV- bzw. DSB-Seite (14.09.2012, 15.09.2012) nachzulesen.

Ein anstrengendes, aber auch schönes Turnier endete mit einer unterhaltsamen und kurz­weili­gen Siegerehrung. Rund vier Stunden später fährt der ICE in den Leipziger Haupt­bahn­hof ein und nach anfänglicher Unsicherheit bin ich mir inzwischen sicher: ja, ich bin zufrieden mit Platz 3. Ich brauche nicht darüber nachdenken, welche Chancen ich vergeben habe, sondern muss mir nur vor Augen führen, dass 21 weitere gute Spielerinnen hinter mir liegen und ich in einige Partien wirklich viel Glück hatte…

Last but not least ein herzliches Dankeschön an den Ausrichter, den Hamburger Schach­verband, angeführt von Christian Zickelbein und den vielen Helfern, die ihm den Rücken stärken. Sie sorgten nicht nur dafür, dass wir Spielerinnen uns rundum versorgt gefühlt haben, sondern haben auch durch die aktuelle Berichterstattung im Internet die Neugierde der Daheimgebliebenen befriedigen können.


1 Antwort auf “Deutsche Blitzeinzelmeisterschaft der Frauen 2012 in Hamburg”

  1. 1. Dirk Seiler schrieb:

    Herzlichen Glückwunsch liebe Sandra!

    Da Du nicht für Eigenwerbung bekannt bist ;-), hier der Hinweis auf zwei Artikel beim Deutschen Schachbund:

    http://schachbund.de/entry/428
    http://schachbund.de/entry/426

    Ich wüsste nicht, welches Vereinsmitglied häufiger auf der DSB-Seite zu sehen war/ist und dazu noch soooo strahlen kann 😉

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